Tagebuch

Philipp Osten
Foto: Raphael Heygster

Aby Warburg, 13.6.1866–26.10.1929
Büste Warburgs von seiner Ehefrau Mary Hertz
Foto: UHH RRZ/MCC, Mentz
Warburg Lecture 2025: Vortrag von Philipp Osten, Hamburg, anlässlich des 96. Todestages von Aby Warburg
Dienstag, 21. Oktober, 19.00 Uhr: »Lenins Akte, Warburgs Marke. Eine kultur- und wissenschaftshistorische Auseinandersetzung«
Im Namen der Vorsitzenden der Aby-Warburg-Stiftung, Senatorin Maryam Blumenthal, Präses der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg, lädt das Warburg-Haus am Dienstag, 21. Oktober 2025 um 19.00 Uhr sehr herzlich ein zur Warburg Lecture 2025.
Phillipp Osten, Hamburg, spricht anlässlich des diesjährigen 96. Todestages von Aby Warburg:
Lenins Akte, Warburgs Marke. Eine kultur- und wissenschaftshistorische Auseinandersetzung
Der Hamburger Arzt, den der Oberste Sowjet 1923 zur Behandlung des tödlich erkrankten Lenin nach Moskau beorderte, war ebenso gefürchtet wie umstritten. Nicht ohne Anlass nannte Aby Warburg, damals als er sich im Kreuzlinger Sanatorium befand, diesen Dr. Nonne seinen »Erzfeind« und dessen Schüler »Henkersknechte«. Ausgehend von Lenins Eppendorfer Krankenakte schildert der Vortrag die Lage der Psychiatrie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Eine zweite Marginalie, eine Briefmarke, bildet den Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit den Spielarten des Lenin-Kults. Ohne Perforation wurde sie wenige Tage nach Lenins Tod ausgegeben. Warburg nannte sie »eine illustrierte Traueranzeige von höchster Wucht«. Vier Jahrzehnte später war ihr Motiv, das dynamische Portrait des toten Revolutionärs, etablierte Grundformel des sozialistischen Politikerplakats.
Philipp Osten ist Leiter des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Direktor des Medizinhistorischen Museums Hamburg. Er forscht zu den Wechselbeziehungen zwischen Medizin, Politik und Öffentlichkeit, insbesondere zur Naturphilosophie, Geschichte der Kinderheilkunde und der Psychiatrie, Medizin im Nationalsozialismus, kolonialen Sammlungen, Seuchen und Filmen. Er promovierte an der Berliner Charité über die Geschichte der Sozialfürsorge für körperbehinderte Kinder und forschte über den Gebrauch von Patientenfotografien in Kaiserzeit und Weimarer Republik. In Heidelberg habilitierte er sich mit einem Buch über die Geschichte des Schlafs. Neben der von ihm ebenfalls konzipierten Ausstellung Pandemie. Rückblicke in die Gegenwart ist seit Februar 2025 im Medizinhistorischen seine Sonderausstellung Lenis Tod. Eine Sektion zu sehen, die ausgehend von den Aufzeichnungen des Hamburger Neurologen Max Nonne über seinen Patienten Lenin das eigene Wirken des Mediziners, bis hin zu den Krankenmorden während der NS-Zeit, und die Entstehung des Totenkultes um Lenin thematisiert, in dem die weltweit erste Trauerbriefmarke eine wichtige Rolle spielt, für die wiederum Aby Warburg sich stark interessierte.
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Aby Warburg / Der »Mythos« und seine politischen Formen