Tagebuch
Filmprojektion im Lesesaal: Noam Chomsky und die Medien
»Die Konsensfabrik« (Can, 1992) in Kooperation mit »Flexibles Flimmern«
Das Warburg-Haus fragt 2018 mit seinem Schwerpunktthema nach der politischen Bedeutung von Emotionen. Angst, Sorge, Empörung oder Verachtung, aber auch Vertrauen, Hoffnung, Mitleid, Empathie oder Sympathie werden momentan als politische Kräfte verstärkt diskutiert. Während die einen den Mangel an ›politischer Leidenschaft‹ bedauern, warnen andere vor Hysterie, vor ›Wutbürgern‹ und vor einer emotionsgesteuerten Politik. Sind ›Gefühlspolitiken‹ also legitim oder wäre vielmehr generelle Skepsis gegenüber emotionalen Überwältigungsstrategien geboten?
Dazu zeigten wir an zwei Abenden am Mittwoch und Donnerstag 13./14. Juni in Kooperation mit »Flexibles Flimmern. Das mobile Kino« den Film »Die Konsensfabrik. Noam Chomsky und die Medien« (CAN 1992, 167 min) von Mark Achbar und Peter Wintonick. Das mobile Kino »Flexibles Flimmern« inszeniert seit 12 Jahren Filme an passenden Orten.
»Die Konsensfabrik« behandelt Leben und Werk des weltbekannten US-amerikanischen Linguisten, Philosophen, Hochschullehrers und politischen Aktivisten Noam Chomsky (* 7. Dezember 1928, Philadelphia), Professor Emeritus am MIT Massachusetts Institute of Technology und seit 2017 Professor an der University of Arizona. In alten und neueren Gesprächen, mit biographischen Informationen und Archivmaterial beleuchtete der bekannte Film seinerzeit Chomskys Werk und Wirken über 25 Jahre, seine kritische Auseinandersetzung mit den Massenmedien, insbesondere ihre disziplinierende Wirkung in Demokratien. Die Konsensfabrik war auch der Titel eines der zahllosen Bücher Chomskys, das 1988 erschienene Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media (New York 1988, mit Edward Herman). Chomsky beschäftigen besonders der Einfluss von Großkonzernen und Interessengruppen auf die Massenmedien sowie Formen der Zensur. Ein seinerzeit zentrales Thema ist die Berichterstattung über die Besetzung Osttimors durch Indonesien und Kriegsverbrechen, die von einer Rücksichtnahme auf Indonesien als politischem Verbündeten beeinflusst gewesen sei. Viele der in diesem eindringlichen (und langen – er ist in sich fast eine Übung in der von Chomsky angesprochenen erforderlichen Anstrengung des Einzelnen) Film angesprochenen Themen erstaunen sechsundzwanzig Jahre nach seinem Erscheinen als solche, die auch aktuell viel diskutiert werden, etwa die Frage von Geschlechterverhältnissen im öffentlichen Diskurs, Populismus und die Darstellung von Diversität und Minderheiten in den Massenmedien.
Chomsky fordert zur »intellektuellen Selbstverteidigung« auf und dazu, öffentliche Bilder kritisch zu hinterfragen – Anliegen, die heute, besonders in der Diskussion der Rolle der Medien in emotional aufgeladenen öffentlichen Diskursen, nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.
Eine Einführung und Diskussion wurden gestaltet durch Pia Schaf von der Brainery – Ideen fürs Leben, Hamburg. Ursprünglich als Modern Life School im Bäckerbreitergang neben dem Gängeviertel gegründet, versteht sich die Brainery als ein Ort, an dem Workshops, Gesprächsrunden, Diskussionsabende und weitere Veranstaltungen gemeinsam mit Experten, Philosophen, Psychologen, Soziologen, Wissenschaftlern, auch Journalisten und „Lebenskünstlern“ entwickelt werden und beschreibt dieses Selbstverständnis als Anstiftung zum kritischen Nachdenken: „Mit Themen von A wie Arbeit bis Z wie Ziele oder Zukunft will sie sich an alle richten, die mehr Fragen stellen als: Na, wie gehts?“.
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