Tagebuch
Filmprojektion im Lesesaal: Aby Warburg und der Erste Weltkrieg
"Rather Die Than Die" (F, 2017) von Natacha Nisic mit »Flexibles Flimmern«
Am Montag, den 16. April 2018 und Dienstag, den 17. April zeigte das Warburg-Haus in Kooperation mit »Flexibles Flimmern. Das mobile Kino« im vollen Lesesaal den Film Rather Die Than Die (Eher Sterben als Sterben) der Pariser Künstlerin Natacha Nisic.
Der Film ist eine Auftragsarbeit des französischen Kulturministerium unter Federführung des Centre national des arts plastiques aus Anlass des hundertjährigen Jubiläums des Endes des I. Weltkrieges 2018. Dafür wählte Natacha Nisic, die 1967 geboren wurde und an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs in Paris, der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und an der Fémis Paris studierte, die Figur Aby Warburgs als Ausgangspunkt. Sie greift darin sowohl die Indianer Nordamerikas und ihren Einsatz im I. Weltkrieg, als auch Warburgs Reaktion auf den I. Weltkrieg und seinen Vortrag über die Kultur der Pueblo-Indianer in Nordamerika auf, den er, knapp dreißig Jahre nach seiner Amerika-Reise, 1923 in der Heilanstalt Bell evue des bekannten Psychiaters Ludwig Binswanger in Kreuzlingen hielt, wo er sich zwischen April 1921 und August 1924 aufhielt. Rather Die Than Die begibt sich damit auf die Spuren des ersten Weltkrieges indem er zwei narrativen Perspektiven folgt, die sich in der Person Aby Warburg kreuzen und damit einen ganz eigenen Blick auf den ersten Weltkrieg eröffnen, der auch bis heute weniger bekannte Aspekte beleuchtet.
Am Montag war die englische Originalversion zu sehen. Natacha Nisic kam persönlich, um ihren Film vorzustellen, und sprach im Anschluss mit der Hamburger Psychoanalytikerin Susanne Gottlob und Benjamin Fellmann (Warburg-Haus) über den Film, Warburg und ihre Arbeit. Susanne Gottlobs derzeitige Recherchen und Texte befassen sich u.a. mit Aby Warburg, Schrift, Affekt und Psychose, Schizo-graphie/phrenie; bis Januar 2017 war sie Redakteurin der Zeitschrift RISS Zeitschrift für Psychoanalyse. Freud-Lacan, sie hat den Anstoß zum RISS #84 Flucht. Heimsuchung der Psychoanalyse durchs Politische gegeben. Im Anschluss sprach die Künstlerin mit dem Publikum über ihren Film. Am Dienstag wurde die deutsche Synchronfassung gezeigt.
Es war ein besonderes Ereignis, den Film, der im Dezember 2017 auf arte Premiere hatte und u.a. zu Jahresbeginn im Louvre im Rahmen der 11. Internationalen Kunstfilmtage und im Februar im Deutschen Historischen Institut Paris vorgestellt wurde, im Lesesaal des Warburg-Hauses zu sehen. Für den Film wurden die bisher umfangreichsten Aufnahmen von Dokumenten und Material in Warburgs Archiven im Warburg Institute, London, unternommen. Er entstand aber auch maßgeblich auch im Warburg-Haus Hamburg. Das Publikum konnte eine ganz besondere Atmosphäre der Mise en abyme im berühmten elliptischen Lesesaal der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg erfahren.
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