Tagebuch
Thementag in der Hamburger Kunsthalle: Katastrophen und ihre Wahrnehmung
Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle und der Forschungsstelle »Naturbilder« zur Ausstellung »Entfesselte Natur. Das Bild der Katastrophe seit 1600«
Am 5. Juli fand in der Hamburger Kunsthalle im Rahmen des Jahresschwerpunktes »Politische Emotionen« als Kooperation des Warburg-Hauses, der Hamburger Kunsthalle und der Forschungsstelle »Naturbilder« der Universität Hamburg der Thementag Katastrophen und ihre Wahrnehmung zur Ausstellung »Entfesselte Natur. Das Bild der Katastrophe seit 1600« statt.
Um 14 Uhr begrüßte Christoph Martin Vogtherr, Direktor der Hamburger Kunsthalle, und lobte die gut erprobte Zusammenarbeit zwischen Kunsthalle, Warburg-Haus und Universität Hamburg. Es folgten etwa zwanzigminütige Vorträge von Mitgliedern der Forschungsstelle »Naturbilder / Images of Nature« der Universität Hamburg.
Der Thementag in der Hamburger Kunsthalle war zugleich auch die offizielle Abschlussveranstaltung der Forschergruppe, die in den letzten Jahren an der Universität Hamburg zur Kunst- und Bildgeschichte der Natur, mit einem Schwerpunkt in der europäischen Frühen Neuzeit, forschte. Im Zentrum ihrer Beschäftigung und Publikationen stehen Charaktere des Natürlichen und deren Imitation, Emulation und Transformation in den Künsten – etwa Lebendigkeit, Kraft, Form, Expression, oder Qualität selbst.
Frank Fehrenbach sprach über »Entfesselte Natur bei Leonardo« und thematisierte die Zeichnungen aus einem Zyklus Leonardos zur Sintflut-Thematik und wie darin vor dem Hintergrund der frühneuzeitlichen Sintflutprognostik Natur für Leonardo als Feld labiler Antagonismen zum Ausdruck kommt.
Anschließend fragte Maurice Saß in »Orpheus’ Fesseln« nach der Bedeutung des Ausstellungstitels »Entfesselte Natur« und der daraus umgekehrt erwachsenden Frage nach dem »Normalzustand« einer gefesselten Natur anhand der beiden Traditionslinien der platonischen Vorstellung der alles ordnenden goldenen Kette der „cathena aurea platonis“ einerseits und der Vorstellung des natürlichen Urzustands des »bellum omnia contra omnes«, der im Orpheus-Mythos durch die apollinische Musik und später naturkundliche Fesselung gebändigt wird.
Iris Wenderholm, die derzeit im Rahmen eines DFG-Projektes »natura – materia – artificio« der Frage nachgeht, welchen Stellenwert die Imitation, Fiktion und Bannung von Stein in der Malerei und in der Reflexion von Naturmaterialien in der Kunsttheorie vom 15. bis ins frühe 18. Jahrhundert einnahm, stellte in ihrem Vortrag »Unordnung und frühes Leid. Zum Sturz des Phaeton« eine zweiseitig bemalte, auf dem durchscheinenden Material Alabaster gemalte Szene mit dem Sturz des Phaeton, der im antiken Mythos für die Oberflächenverwerfungen der Erde verantwortlich sein soll, von Hans von Aachen vor, die dieser um 1600 malte und die sich in der Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien auf Schloss Ambras in Innsbruck befindet.
Abschließend thematisierte Hartmut Böhme unter dem Titel »Tiefe, die verlockt und verschlingt. Das Meer und das Unterirdische in ihren kulturellen und katastrophischen Effekten« die Frage, welche Kultur aus Katastrophen hervorgeht anhand der hydroökologischen Vorstellung vom Wasser als weltumspannenden, verbindenden Element.
Nach einer Diskussionsrunde und kurzen Pause schloss sich um 16.15 Uhr ein Seminar in der Ausstellung mit den Kuratoren an, für das sich aufgrund der hohen Teilnehmerzahl die Besucher auf drei Gruppen aufteilten und jeweils von den beiden Kuratoren Markus Bertsch (Sammlungsleiter 19. Jahrhundert, Hamburger Kunsthalle) und Jörg Trempler (Lehrstuhl für Kunstgeschichte/Bildwissenschaft, Universität Passau) und Ann-Kathrin Hubrich (Kuratorische Assistenz, Hamburger Kunsthalle) durch die umfangreiche Ausstellung mit ihren 201 Werken von insgesamt 101 Künstlern geführt wurden.
Um 18 Uhr folgte nach ihrer Vorstellung durch Cornelia Zumbusch, Direktorin des Warburg-Hauses, der Abendvortrag der Kulturwissenschaftlerin Eva Horn (Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur, Universität Wien): »Naturkatastrophen – Nach dem Ende der Natur«. Eva Horn hat 2014 das Buch Zukunft als Katastrophe zu Frage und Motiven des modernen Katastrophenbewusstseins in Zukunftsvorstellungen publiziert und hat zuletzt im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms »Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne« das Forschungsprojekt »Zeit des Klimas. Zur Verzeitlichung von Natur in der literarischen Moderne« geleitet.
Wir haben uns über die starke Resonanz des Thementages und die vielen Besucher sehr gefreut und bedanken uns sehr herzlich bei der Hamburger Kunsthalle und der Forschungsstelle »Naturbilder« für die schöne und anregende Kooperation.
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