Tagebuch
Ikonographie und Ikonologie heute – Ansätze, Methoden, Perspektiven
Workshop am am 16. und 17. Juni 2016
Der zweitägige Workshop anlässlich des 150. Geburtstages Aby Warburgs brachte Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zur Diskussion zusammen – hier eine grobe Skizze zu den Fragestellungen und Themen:
Weiterentwicklung der Ikonografie und Ikonologie
Erwin Panofskys Ansatz der Ikonografie und Ikonologie wurde gleich zu Beginn in den historischen Kontext der von Karl Mannheim in den 1920er Jahren entwickelten Wissenssoziologie gestellt. Weiterentwicklungen Panofsky’scher Ansätze u.a. bei Claude Lefort als Bestimmung des Politischen als leerer, immer wieder neu mit Bedeutung zu füllender Ort, oder Stuart Halls prozesshaftes Modell des Kodierens und Dekodierens wurden in ihrem Verhältnis zur Ikonologie diskutiert. Erörtert wurde u.a. auchdas Potential der Habitustheorie von Pierre Bourdieu, Handlungsstil als Symptom im Bild bzw. in seiner Rezeption zu fassen. Die in Hamburg begründete und etablierte Politische Ikonographie von Martin Warnke wurde in Hinblick auf Bilder in den Medien und die zunehmende visuellen Kommunikation in Sozialen Medien diskutiert.
Unkontrollierbarkeit von Bildern – Performativität
Die Deutung von Bildern als Ausdruck einer kulturellen Situation birgt – gerade im Fall von Kunstwerken – die Gefahr, den Eigenwert der Bilder zu negieren und ihre Widerständigkeit auszublenden. Statt Entzifferung lässt sich vielmehr eine „Veranderung“ oder Opazität (Louis Marin) des Bildes konstatieren, die sich insbesondere für die Analyse im transkulturellen Kontext produktiv machen lässt. Gerade Prozesse der Bedeutungsverschiebung und Transfervorgänge wie sie etwa in den Entwicklungsjahren der Ikonologie bei Warburg zu den Forschungsinteressen zählten, sind hier zentral. Prozesse der Vereindeutigung wiederum sind selbst Forschungsthemen, so untersucht etwa der Ansatz des „Visual Framing“ in der visuellen Kommunikation Prozesse der Bedeutungskonstruktion in und durch Bildmedien. Damit stellt sich auch die Frage nach (UN-)Sichtbarkeiten, nach dem performativen Umgang und nach Bildpraktiken: „Wo wird wem was und wie zu sehen gegeben, oder wo ist wem was und wie unsichtbar gemacht?“ (Wenk).
Reflexion der Methoden und der „Denkraum der Besonnenheit“
Ausgehend von der Wirkmächtigkeit gerade vermeintlich „schlichter“ Bilder und Bildmuster stellt sich immer wieder die Frage nach der Möglichkeit, mit den Methoden der Ikonographie/Ikonologie einen „Denkraum der Besonnenheit“ zu eröffnen und Distanz zu ermöglichen. Diesen herzustellen bzw. die spezifische Wirkmächtigkeit von Bildern zu beschreiben, zu analysieren und kritisch zu hinterfragen, ist eine der Aufgaben einer heutigen Erforschung von Bildern. Daran knüpft sich die Forderung einer kritischen Reflexion des eigenen Standpunkts, die Voraussetzung sein könnte, um der „Affektpolitik“ mit Bildern nicht ausgeliefert zu sein, sondern diese beschreibbar zu machen.
Der Workshop wurde unterstützt durch die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung.
(Hoins)
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