Journal
„Fühlungnahme durch tägliche Tagebuchnotizen“
Vor 90 Jahren: die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg beginnt ihr Tagebuch
Heute vor 90 Jahren, am 24. August 1926, führte Aby Warburg das „Tagebuch der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg“ ein. Nach dem Einzug der K.B.W. in den Neubau sollten regelmäßige Eintragungen Warburgs und der Kollegen Gertrud Bing und Fritz Saxl die Aktivitäten in der Heilwigstraße 116 begleiten:
„Durch das selbständige Bibliotheksgebäude ist meines Erachtens Fühlungnahme durch tägliche Tagebuchnotizen der drei Mitglieder der Direktion geboten; nur Telegrammstil erforderlich: Ich fange unter dem 24.VIII 926 an:
Vormittag Spaziergang mit Bing und Meier durch die Magazine: beschlossen die ‚Alchemie‘ nach II zu bringen, ‚Briefmarken‘ nach I (Mit Heraldik und Impresen.) In IV Abteilung: ‚Soziale Typenbildung‘ zu bilden [NB wo steht zum Beispiel Rembrandt als Erzieher?]
mit Saxl: Wo ist der Picatrix im Briefordner, der Printz fehlt.
Picatrix soll zusammen mit der lateinischen und deutschen Übersetzung erscheinen. Ich sollte ein Vorwort schreiben. [einverstanden]
mit Bing: Wann und wie sollen die Signaturen übertragen werden?
Anfragen wegen Vorträgen Schlosser, Franke, Swarzenski, Waetzold.“
Dieser Eintrag vom 24.8.1926 gibt bereits einen Eindruck vom Charakter des Tagebuchs, das bis zum Tod Warburgs 1929 neun Bände füllte. Die handschriftlichen Eintragungen sind transkribiert als Band 7 der Studienausgabe der gesammelten Schriften Aby Warburgs 2001 erschienen, herausgegeben von Karen Michels und Charlotte Schoell-Glass.
Das Tagebuch erscheint mit seinen Eintragungen – von rein praktischen über systematische und konzeptionelle Fragen bis hin zu inhaltlichen Diskussionen – wie ein Schlüsselloch zur damaligen Wissenschaftspraxis. Dieses Wissenschaftsverständnis brachte nicht nur Publikationen als Endergebnis hervor, sondern dokumentierte und reflektierte die eigene Arbeit auch als Prozess.
Künftig veröffentlichen wir auf twitter unter @WarburgHaus unregelmäßig historische Auszüge aus dem Tagebuch der K.B.W.
Katharina Hoins
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