Tagebuch
Verzettelt und Vernetzt. Erwin Panofsky und William Heckscher
Eine Online-Ausstellung
Anlässlich seines 125. Geburtstags präsentieren wir hier einige Fotos, Dokumente und Aufzeichnungen zu Erwin Panofsky (30. März 1892 – 14. März 1968) – und studentische Arbeiten, die sich dem Archiv seines Schülers William Heckscher widmen. Im Rahmen des Seminars „Verzettelt und vernetzt. William S. Heckscher und Erwin Panofsky“ im Wintersemester 2016/17 sind der Film „William Heckscher. Archiv eines Kunstwissenschaftslers“ sowie weitere Präsentationen von Studierenden entstanden (als pdf unten einsehbar), die sich mit dem Heckscher-Archiv anhand eines jeweils spezifischen Schlagwortes auseinandersetzen. Auf diese Weise lässt sich beispielhaft verfolgen, wie Heckscher methodisch vorging und wie er, Panofsky folgend, Ikonologie mithilfe seines Archivs als Arbeitsinstrument praktizierte.
Für anregende Diskussionen und großes Engagement danken Katharina Hoins und Karen Michels als Seminarleitung den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Rosa Bindernagel, Tobias Eckmann, David Ganz, Caroline Maaß, Felix Roll, Elena Senne, Rolf Stecher und Paolina Wandruszka.
Panofsky. Hamburg
Nach Studium und Dissertation reichte Panofsky 1920 seine Habilitation an der erst 1919 gegründeten Universität Hamburg ein – 1921 wurde er zum Leiter des Kunsthistorischen Seminars, 1926 erster Ordinarius am Kunsthistorischen Seminar der Hamburgischen Universität, die ihn 1933 als „Nichtarier“ entließ. 1934 siedelte er in die USA über und wurde Professor am Institute for Advanced Study in Princeton.
Publikation zu Erwin Panofsky (2009 Hamburg University Press)
Im Warburg- und im Heckscher-Archiv befinden sich verschiedene historische Abzüge von Fotografien Panofskys. In Heckschers Sammlung ist unter anderem ein offizielles Portrait verwahrt, das der bekannte Hamburger Fotograf Rudolf Dührkoop offenbar für die Hamburgische Universitätszeitung angefertigt hat. Aus der Korrespondenz Heidi Heimanns stammt ein Foto, das Horst Janson um 1933 von Panofsky gemacht hat und das sein Gesicht in extremer Nahsicht zeigt. Der Kontaktstreifen aus dem Heckscher-Archiv schließlich verortet Panofsky konkret in Hamburg: Über den Dächern, die Türme der Hauptkirchen und die Außenalster im Rücken, posiert er auf dem Dach der Alten Rabenstraße 7.
Panofsky. Sokrates
Der Text „Sokrates in Hamburg. Vom Guten und Schönen“ ist die schriftliche Variante eines Theaterstücks mit dem Titel Phaedrus Hamburgensis, das Panofsky 1928 für eine Benefiz-Gala für die Universität schrieb. In seiner Satire auf die Hamburger Gesellschaft lässt Panofsky unter dem Pseudonym A.F. Synkop im „Querschnitt“ von 1931 Sokrates und Phaedrus über den Zusammenhang zwischen guten Geschäften und einer guten Seele debattieren. Die Anspielungen auf die Abhängigkeit von und die Spannung zwischen Geld und Geist, Wirtschaft und Wirtschaft und Wissenschaft in Hamburg bildeten die Grundlage für die Komik des Dialogs und sollten die bei der Gala Anwesenden animieren, durch ihr bürgerschaftliches Engagement die Universität zu unterstützen. Panofsky stilisiert die Wahl der Straßenbahnlinie durch Harvestehude im Dialog zur Identitätsfrage – und nutzt das Spiel mit der Fixierung auf die Linie 28 später, in einem Dictum, das Heckscher festgehalten hat, noch einmal, um mit den Hamburgischen Prioritäten Spott zu treiben.
Panofsky. Herkules
1930 veröffentlichte Panofsky als Band 18 in der Reihe der Studien aus dem Warburg-Haus seine Untersuchung zu „Hercules am Scheidewege und andere antike Bildstoffe in der neueren Kunst“. Konzentriert auf ein Motiv geht Panofsky hier dem nach, was er Typenbildung nennt – und untersucht die antiken mythologischen Bildtraditionen des Herkules ebenso wie die christlichen Anleihen des sich in der Renaissance etablierenden Bildgegenstands. Von den Studierenden des Seminars wurde Panofsky in der Folge augenzwinkernd mit Herkules identifiziert – im Nachlass Heidi Heimanns im Warburg-Archiv hat sich eine Fotografie erhalten, die eine Wandzeichnung der Hamburger Künstlerin Anita Rée dokumentiert: Panofsky als Herkules. Entstanden ist das Bild wohl anlässlich einer Feier des Seminars 1930, zu der Panofsky ein kunsthistorisches Alphabeth beisteuerte, in dem er auch Anita Rée erwähnte. Wir stellen hier ein von Panofsky beschriftetes Großdia mit einem Herkules von Goltzius dazu.
Panofsky nutzte auch in seinen Lehrveranstaltungen das Beispiel des Herkules am Scheidewege, um das Prinzip der Typenbildung und seine Methode der Ikonographie und Ikonologie zu erläutern. William Heckscher notiert 1932 etwa einiges dazu in der Anfängerübung „Interpretation von Kunstwerken“; zwei der Panofsky in der Übung erwähnten Werke zeigen wir in heutigen Reproduktionen.
Panofsky. Heckscher
Auch Panofskys bekanntes tabellarisches Schema zur Ikonologie hat Heckscher in einer handschriftlichen Version festgehalten als „Tabelle zu Panofskys Interpretationslehre“ und auch noch einmal in eine typografische Fassung gegossen. Vor allem in den USA sammelte William Heckscher, meist auf kleinen Zetteln aus dünnem Papier, verschiedene Äußerungen Panofskys, Bonmots und Sentenzen. Eine Auswahl aus dem Archiv haben wir als pdf zusammengestellt – „Du sollst deine Arbeitsweise nicht zur Methode hetzen“; „Entfernt Versandte ist ein Imperativ“; „You can either read other men’s books or write books of your own – you can’t do both.“
Während einer Besprechung zum möglichen Thema seiner Dissertation brachte Heckscher Panofsky im Oktober dazu, eine Art Bestenliste der Malerei aufzustellen. Heckscher tippte seine Erinnerungen an das Gespräch sorgfältig ab und überlieferte uns so auch die fünfzehn Gemälde, von denen „Panofsky sich wünscht, dass sie erhalten blieben, wenn alle anderen vergehen müssten“ – wir haben diese als kleine digitale Versionen zum Scan des Dokuments hinzugefügt.
(hoi)
Downloads
- Rosa Bindernagel. Wasser im Heckscher-Archiv
- Tobias Eckmann. Sonnenblume im Heckscher-Archiv
- Rolf Stecher. Muschelrahmen Heckscher - Panofsky
- Panofsky. Hamburg. Fotografien
- Panofsky. Sokrates
- Panofsky. Herkules
- Heckscher. Panofskys Interpretationslehre
- Panofsky Dicta. Von Heckscher gesammelt
- ... die nicht vergehen dürften!
Erwin Panofsky / William Heckscher
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